Netzwerk Kulinarik: Chancen bei Direktvermarktung und Außer-Haus-Konsum

Logistische Schnittstelle zwischen Anbietern auf bäuerlicher Seite und Abnehmern in der Gemeinschaftsverpflegung als Herausforderung.

Die heimische Landwirtschaft im Brennpunkt globaler Entwicklungen: „Gerade jetzt, wo Abhängigkeiten von Drittstaaten im Bereich der Lebensmittelversorgung thematisiert werden, können wir heimische Produzenten stärken“, sagt die Leiterin des Netzwerks Kulinarik, Mag. (FH) Christina Mutenthaler im Rahmen eines von Wirtschaften am Land angestrengten Workshops zu diesem Thema: „In der Direktvermarktung ermöglicht uns das Gütesiegel AMA GENUSS REGION die Wertschöpfung zu steigern und Lebensmittel, die regional produziert, veredelt und verarbeitet werden, zu zertifizieren.“

Das Programm, an dem bereits über 3.000 Betriebe teilnehmen, hat große Ambitionen und möchte in diesem Jahr weitere 1.000 Betriebe gewinnen. Neben der Direktvermarktung gibt es Potentiale für weitere Vertriebswege, so Mutenthaler: „Zum Netzwerk zählen neben Bauernhöfen auch Manufakturen und Gastronomiebetriebe. Gerade in den vergangenen beiden Jahren ist das Interesse an qualitativ hochwertigen Produkten aus der Region gestiegen – wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir dieses Interesse bedienen können.“

Christina Mutenthaler, Leiterin des Netzwerks Kulinarik: „Das Interesse an qualitativ hochwertigen, regionalen Produkten bedienen“

Sie sieht es als notwendig an, die Gemeinschaftsverpflegung zu thematisieren: „1,9 Millionen Österreicherinnen und Österreicher nehmen ihr Essen täglich in Großküchen zu sich, davon 450.000 im öffentlichen Bereich – der Rest also in privaten Kantinen“, rechnet Mutenthaler vor. Gerade von letzterer Seite seien verstärkt Anfragen da, auf zertifiziert regionale Lebensmittel umzusteigen. „Wir müssen auf die Bündelung des Angebots und eine zentrale Koordinierung setzen“, so Mutenthaler.

Diversifizierung, Spezialisierung und Veredelung als Trumpf

„Es braucht Mut und Innovation, um mit qualitativ hochwertigen und somit auch hochpreisigen Produkten am Markt bestehen zu können“, so ÖkR Gerhard Zinner, Geschäftsführer der WALDLAND Holding GmbH. Das Unternehmen hat sich erfolgreich auf Nischenmärkte spezialisiert. „Diversifizierung und dezentrale Produktion streuen das Risiko, mehrere Standorte bieten auch mehr Flexibilität und Glaubwürdigkeit bei regionalen Produkten. Es ist wichtig, Regionen nicht zu klein zu denken und bestehende Infrastrukturen zu nutzen“, so Zinner. „Von der Produktion bis zur Veredelung denken wir ganzheitlich regional. Es zeigt sich, dass unser Denken auch die Wertschöpfung erhöht.“

Gerhard Zinner, Geschäftsführer WALDLAND Holding: „Ganzheitlich regional denken“

In dieselbe Kerbe schlägt Josef Fradler, Obmann der ARGE Rind: „Heute wollen die Konsumentinnen und Konsumenten wissen, woher das Fleisch kommt. Wir können höhere Standards anbieten als die gesetzlich vorgeschriebenen, in Österreich liegt der Anteil von Schlachtrindern in Qualitätsprogrammen bei 75 Prozent. Gleichzeitig müssen uns aber bewusst sein, dass es auch eine ehrliche Kostenkalkulation entlang der gesamten Wertschöpfungskette benötigt.“

Nadelöhr in der Lieferkette

Die Achillesferse im Vertrieb qualitativ hochwertiger Produkte in größeren Mengen ist die Lieferung vom Produzenten zum Abnehmer. In der Logistik spielen die Erzeugergemeinschaften eine bedeutende Rolle, so Fradler: „Wir bündeln das Angebot und sichern die Vermarktung. Das ist die Voraussetzung für erfolgreiche Partnerschaften mit dem Lebensmitteleinzelhandel und der Gastronomie.“

Georg Sladek, Sales Manager TKL Lebensmittel Logistik: „Produkte möglichst früh zusammenführen“

Welche Voraussetzungen erfordert eine erfolgreiche Lieferkette? „Es gilt, die Logistikkosten möglichst gering zu halten, indem Produkte früh zusammengeführt werden. Der Schlüssel für eine wirtschaftliche, flächendeckende Verteilung ist die Dichte im Verteilnetz“, so DI Georg Sladek, Sales Manager der TKL Lebensmittel Logistik GmbH. „Ein wichtiger Punkt ist die Verfügbarkeit. Produzenten und Anbieter müssen in der Lage sein, Produkte wie vereinbart bereitstellen zu können.“ Wilhelm Leithner, Geschäftsführer von TKL ergänzt: „Um an diesem Flaschenhals der Regionalität arbeiten zu können, muss ein Fundament mit Zahlen, Daten und Fakten geschaffen werden. Darauf aufbauend können logistische Lösungen und Wege erschlossen werden.“

Wirtschaften am Land: Diskussion angestoßen

Wirtschaften am Land sieht die notwendige Diskussion in Richtung Umsetzbarkeit von regionalen Lieferketten nun angestoßen. DI Josef Plank, Obmann des Vereins, bekräftigt: „Wirtschaften am Land sieht die Zeit für einen an Zahlen und Fakten orientierten Austausch zwischen den involvierten Partnern in der Versorgung von Gastronomiebetrieben gekommen. Schließlich sind größere Mengen, verlässliche Lieferungen und eine transparente Herkunft Voraussetzung für den Erfolg in der Zusammenarbeit.“

Für Christina Mutenthaler gilt es nun, neben dem bestehenden Netzwerk in der Direktvermarktung Lösungen für die Gemeinschaftsverpflegung zu finden. „Das Potential ist vorhanden – wir müssen uns überlegen, wie wir es nutzen können!“